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Links und rechts — passt das Schema noch?

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Links und rechts — passt das Schema noch? Heute scheint unklarer als je zuvor, was das politisch überhaupt genau bedeutet, links und rechts. Die Unterscheidung hat zwar eine lange Tradition, die auf die Sitzordnung der verfassungsgebenden Versammlung in Frankreich im Jahr 1789 zurückgeht, wo die Royalisten rechts vom König Platz nahmen, die revolutionseifrigen Jakobiner hingegen links. Doch mit dieser Klarheit ist es lange vorbei. Und zwar auch deshalb, weil Populisten wie der Rassemblement National oder das Bündnis Sahra Wagenknecht die Lagergrenzen absichtlich verwischen und auflösen wollen. Sie sind gewissermaßen die politische Variante des niederländischen EM-Hits: “Nach links … nach rechts … nach links … nach rechts. Döpdödödöp” … Deshalb sehen

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Links und rechts — passt das Schema noch?Heute scheint unklarer als je zuvor, was das politisch überhaupt genau bedeutet, links und rechts. Die Unterscheidung hat zwar eine lange Tradition, die auf die Sitzordnung der verfassungsgebenden Versammlung in Frankreich im Jahr 1789 zurückgeht, wo die Royalisten rechts vom König Platz nahmen, die revolutionseifrigen Jakobiner hingegen links. Doch mit dieser Klarheit ist es lange vorbei. Und zwar auch deshalb, weil Populisten wie der Rassemblement National oder das Bündnis Sahra Wagenknecht die Lagergrenzen absichtlich verwischen und auflösen wollen. Sie sind gewissermaßen die politische Variante des niederländischen EM-Hits: “Nach links … nach rechts … nach links … nach rechts. Döpdödödöp” …

Deshalb sehen viele den Links-rechts-Gegensatz als analytisch obsolet an. So schrieb Gideon Rachman kürzlich in der Financial Times, die plausiblere Unterscheidung wäre heute jene zwischen liberalen Internationalisten und nationalistischen Populisten. Auf Deutschland bezogen hieße da dann: Grüne, Sozialdemokraten, Christdemokraten und Liberale auf der einen, AfD- und Wagenknecht-Fans auf der anderen Seite.

Gegen diese Verschiebung müsste eine neue linke Kraft, die die alten Pole wieder erobern will, also ankämpfen. Sie müsste einen Minimalkonsens definieren, um erkennbar zu werden – Besteuerung der Reichen, starker Wohlfahrtstaat sowie Antirassismus. Und selbst dann wäre noch nicht gesagt, ob sich damit ausreichend viele Wählerinnen und Wähler von den Rechtsextremen zurückgewinnen ließen. Wenn Piketty darauf verweist, dass man die mangelnde Daseinsfürsorge auf dem Land und in kleinen Städten beheben müsste, hat er damit einerseits zwar völlig recht. Zumal es tatsächlich Studien gibt, die zu dem Schluss kommen, dass eine umfangreiche Sozial- und Infrastrukturpolitik den Stimmenanteil von Rechtsextremen mindert. Dass man mit Umverteilung und Sozialpolitik die Rechten auf jeden Fall kleinkriegt, ist aber keineswegs gewiss. Denn bei vielen Wählerinnen und Wählern der Populisten sitzt das Ressentiment gegen Einwanderer und Nichtweiße bereits tief …

Viele Wählerinnen und Wählen wenden sich … von bestimmten Parteien oder der Politik als Ganzem ab, wenn diese den Eindruck vermitteln, sie führen lediglich den ewig gleichen Grabenkrieg und erschöpfen sich im ideologischen Wiederholungszwang. Man kann das derzeit etwa in Großbritannien beobachten, wo am heutigen Donnerstag ein neues Unterhaus gewählt wird. Dass Keir Starmer und seine Labour Party voraussichtlich mit riesigem Abstand gewinnen werden, liegt primär natürlich daran, dass sich die Torys zuletzt als radikalisierte Clownstruppe präsentiert haben. Es dürfte aber ebenso damit zu tun haben, dass Starmer als unideologischer Pragmatiker auftritt, der nüchterne Problemlösung verspricht. Der also gerade nicht die alten Links-rechts-Gegensätze bedient.

Nils Markwardt / Die Zeit

Lars Pålsson Syll
Professor at Malmö University. Primary research interest - the philosophy, history and methodology of economics.

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