Wie würde Hannah Arendt den Gazakonflikt lösen? Das Problem der arabischen Flüchtlinge, entstanden 1958. Es ist ein ausführliches politisches Memorandum mit diversen Kapiteln, Statistiken, Empfehlungen, verfasst unter Mitwirkung von jüdischen und nichtjüdischen Experten und Wissenschaftlern, darunter Hannah Arendt. Deren konkrete Textarbeit kann heute nicht mehr nachgewiesen werden – sie gab zwar ihren Namen, erwähnte selber die Schrift aber kaum jemals, nur ihr Mentor Karl Jaspers bekam die Broschüre zugeschickt. Vielleicht hatte sie als neuer internationaler Star des politischen Denkens zu viel anderes um die Ohren, vielleicht behagte ihr einiges inhaltlich doch nicht ganz. Verblüffend ist diese Broschüre dennoch … Dennoch fasziniert dieser Versuch,
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Lars Pålsson Syll considers the following as important: Politics & Society
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Wie würde Hannah Arendt den Gazakonflikt lösen?
Das Problem der arabischen Flüchtlinge, entstanden 1958. Es ist ein ausführliches politisches Memorandum mit diversen Kapiteln, Statistiken, Empfehlungen, verfasst unter Mitwirkung von jüdischen und nichtjüdischen Experten und Wissenschaftlern, darunter Hannah Arendt. Deren konkrete Textarbeit kann heute nicht mehr nachgewiesen werden – sie gab zwar ihren Namen, erwähnte selber die Schrift aber kaum jemals, nur ihr Mentor Karl Jaspers bekam die Broschüre zugeschickt. Vielleicht hatte sie als neuer internationaler Star des politischen Denkens zu viel anderes um die Ohren, vielleicht behagte ihr einiges inhaltlich doch nicht ganz. Verblüffend ist diese Broschüre dennoch …
Dennoch fasziniert dieser Versuch, die Emotionen möglichst zu ignorieren, um den Konflikt beherrschbar zu machen und dafür eine rein sachliche Verständigung unter vernünftigen Menschen guten Willens für denkbar zu halten – oder wenigstens als Vision den allgegenwärtigen Gefühlen entgegenzusetzen. Darin liegt sicher auch der Grund für das Scheitern: Historisch hatte solche Nüchternheit keine Chance, weder gegenüber den Leidenschaften des israelischen Nation-Building noch gegenüber dem erwachenden aggressiven arabischen Nationalismus und dessen späterer religiöser Radikalisierung. Aber der Versuch dieses Memorandums passt ziemlich genau zu einer um Klärung ringenden Denkerin … Und man glaubt am Ende zu ahnen, wie sie heute auf die brutalen Frontstellungen im Nahen Osten reagieren würde: mit einem kühlen, gewiss viele verletzenden Versuch zur Versachlichung. 66 Jahre später stößt man in der Broschüre auf einen Satz, den man heute ja so gerne noch mehr glauben möchte als damals: »Hass dauert nicht ewig.«