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Was ist unser Vermögen?

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Manfred Nitsch ist emeritierter Professor für VWL / Politische Ökonomie am Fachbereich Wirtschaftswissenschaft und am Lateinamerika-Institut der Freien Universität Berlin. Wächst die Ungleichheit des Reichtums in unserer Gesellschaft? Über „Ungleichheit“ als Reizwort und „Vermögen“ als Wechselbalg. Durch Corona verschlechtert sich die wirtschaftliche Lage der meisten Menschen, – und zur Bewältigung der Krise wird unter anderem eine Abgabe auf „Vermögen“ diskutiert. Dabei spielt das in den letzten Jahren prominent gewordene Thema „wachsende Ungleichheit“ in Gesellschaft und Wirtschaft eine wichtige Rolle. Es dürfte auch zum Reizwort des Wahlkampfs im nächsten Jahr werden. Gemeint ist damit ganz allgemein die Verteilung der Lebenschancen und des Reichtums in unserer

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Manfred Nitsch ist emeritierter Professor für VWL / Politische Ökonomie am Fachbereich Wirtschaftswissenschaft und am Lateinamerika-Institut der Freien Universität Berlin.

Wächst die Ungleichheit des Reichtums in unserer Gesellschaft? Über „Ungleichheit“ als Reizwort und „Vermögen“ als Wechselbalg.

Durch Corona verschlechtert sich die wirtschaftliche Lage der meisten Menschen, – und zur Bewältigung der Krise wird unter anderem eine Abgabe auf „Vermögen“ diskutiert. Dabei spielt das in den letzten Jahren prominent gewordene Thema „wachsende Ungleichheit“ in Gesellschaft und Wirtschaft eine wichtige Rolle. Es dürfte auch zum Reizwort des Wahlkampfs im nächsten Jahr werden. Gemeint ist damit ganz allgemein die Verteilung der Lebenschancen und des Reichtums in unserer Gesellschaft.

Welche Zahlen und Begriffe in diesen Debatten herangezogen werden, ist dabei von fundamentaler Bedeutung. Wenn es um die Verteilung von Vermögen geht, ist die Konfusion besonders groß. Zwei gegensätzliche Positionen stehen sich dabei mit geradezu mythologischem, schwindelerregendem Tiefgang und Konfliktpotential gegenüber, was der „Wechselbalg“ im Teaser zum Ausdruck bringen soll. Im Aberglauben des europäischen Mittelalters war das ein Säugling (veraltet ‚Balg‘), der einer Wöchnerin durch ein dämonisches Wesen im Austausch gegen ihr eigenes Kind mit der Absicht untergeschoben wurde, die Menschen zu belästigen und ihnen zu schaden.

Um bei Umfragen und Panels statistisch exakt vorzugehen, empfiehlt es sich, unter „Vermögen“ nur das zu verstehen, was auf Vermögensmärkten gehandelt wird und abgefragt werden kann. Die „eigenen Kinder“ der Statistiker sind also Kapitalmarkt-Produkte wie Sparguthaben, Aktien, Versicherungen und Fonds sowie Immobilien wie Wohnungen, aber auch gebrauchte Autos, Oldies, informelle Forderungen, Kunstgegenstände (mit Versicherungswert) und schließlich das Eigentum und die Beteiligungen und Forderungen an Unternehmen aller Art.

Die auf diese statistische Usance gestützte Definition von „Vermögen“ führt zu der These von der „Ungleichheit“, denn die obersten 10 Prozent der Bevölkerung halten fast 70 Prozent des so definierten privaten Vermögens, und die untersten 40 Prozent sind demnach fast vermögenslos. Diese 70/10-Formel aus der Panel-Forschung findet mit oder ohne die entsprechende Fußnote auch Eingang in andere wissenschaftliche Publikationen und schließlich in die aktuellen Medien wie Zeitungen und Twitter.

Problematisch daran ist, dass die Renten- und Pensionsansprüche an öffentlich-rechtliche Institutionen wie die Deutsche Rentenversicherung (DR) dabei nicht als Vermögenswerte betrachtet werden. Sie sind sinnvollerweise nicht handelbar auf Märkten und deshalb nur schwer zu beziffern (siehe unten), aber sie erfüllen voll den umfassenden Sinn, den das Wort „Vermögen“ in der Umgangssprache hat. Nämlich als die Quelle von Einkommen, wenn Lohn und Gehalt aus Arbeit nicht mehr zählen. Dann lebt man von seinen Ersparnissen, seinem angesammelten Reichtum, „seinem Geld“ oder eben schlicht von seinem „Vermögen“, bzw. man leidet unter dem „Unvermögen“, sich gegen Krisen und Absturz in Armut zur Wehr zu setzen.

Auch in der „richtigen“ ökonomischen Theorie sind Einkommen und Vermögen definitionsgemäß nur die beiden Seiten (stock versus flow) derselben Medaille: Ein Vermögenswert ist so viel wert wie die diskontierte Summe der aus ihm strömenden monetären und nichtmonetären Einkommen; selbst die Löhne und Gehälter können dem Humanvermögen (human capital) zugerechnet werden. Die Ansprüche an Renten und Pensionen (pension wealth) sind denn auch Bestandteile jeder kompletten Vermögensrechnung.

Die Verwandlung des Wortes „Vermögen“ von einer statistischen Konvention in ein Synonym für Wohlstand, Reichtum bzw. Armut macht es in der Zusammensetzung mit „Gerechtigkeit“, „(Un)gleichheit“ und „wachsend“ zu einem Reizwort der politischen Auseinandersetzung. Das wäre nicht schlimm, wenn dadurch die Gerechtigkeit in unserer Gesellschaft gefördert würde. Der Wechselbalg ist aber alles andere als harmlos, denn es läuft politisch gerade umgekehrt.

Werden die Renten der DR in die Zahlen einbezogen, dann ist die Vermögensverteilung in Deutschland bereits ganz OK. Und wenn man die anderen Zahlungen aus der öffentlichen Hand wie Versicherungsleistungen für Pflege, Arbeitslosigkeit und Mutterschaft, sowie Transfers wie Kindergeld und Sozialhilfe ebenfalls als Vermögenswerte betrachtet, dann ist hierzulande niemand „vermögenslos“. Angesichts der in der derzeitigen Krise großen Verluste der statistisch Vermögenden ist die „wachsende Ungleichheit“ wohl eher ein Phantom als ein skandalöses Faktum.

Sein „dämonisches“ Gesicht zeigt der meist unabsichtlich und naiv untergeschobene Wechselbalg ganz aktuell mit belästigenden und schädigenden Attacken auf die bestehende Vermögensordnung in Richtung Ungleichheit. Die anstehende Grundrente wird als „nicht finanzierbar“ angegriffen, und von „den Rentnern“ werden Solidarbeiträge eingefordert und die aktuelle Aufstockung ihrer Ansprüche um 2-4% als unzeitgemäß denunziert. Selbst von traditionell eher sozialdemokratischen Wissenschaftlern werden mit der Ausweitung des Begriffs „Transfers“ auf durch Beiträge angesparte Eigentumsrechte und mit Ausdrücken wie „demografische Wende“ und „unausweichlich“ Angriffe gegen die obligatorischen Ersparnisse von Millionen von Rentnern gefahren.

Vor allem aber werden die Beiträge von den aktuellen Arbeitnehmern und Arbeitgebern ins Zwielicht gerückt. Wer jetzt im Alter von 20 Jahren Beiträge zahlt, muss noch mit 60+, also 2080 und 2090, mit sicheren Renten rechnen können. Dasselbe gilt für Attacken gegen den bescheidenen Reichtum der etwas höheren Bevölkerungsschichten, nämlich die Pensionen im öffentlichen Dienst. Wer diesen Glauben untergräbt, betreibt das Spiel von unverantwortlichen Populisten, oder er schaut verengt oder spekulativ auf kurzfristige Gewinne und Gebühren aus einer „Aufholjagd“ auf den Aktien- und Immobilienmärkten.

Die schädigende Dämonie des Wechselbalgs „Vermögen“ zeigt sich unter anderem darin, dass den Volksparteien das Argument aus der Hand geschlagen wird, dass man in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg in Ost und West für eine einigermaßen gerechte Verteilung des Wohlstands gesorgt habe. Wenn man die Renten in die Verteilungsdebatte ausdrücklich einbezieht, wäre nämlich die „Wachsende Ungleichheit der Vermögensverteilung“ nur noch ein Thema für Populisten und ihre Anti-System-Kampagnen.

Die jahrzehntelange sehr große Koalition der Pro-System-Politiker (in allen Parteien) könnte so argumentieren, dass der Status quo zwar – wie immer – zu wünschen übriglasse, aber die jahrzehntelange Politik habe Wort gehalten. Das Versprechen von Norbert Blüm „Die Renten sind sicher“ von 1986 ist gehalten worden und wird weiter hochgehalten, – auch und gerade gegenüber den jetzt trotz Krise weiter einzahlenden Beitragszahlern. Die von Blüm eingeführte Pflegeversicherung und die aktuelle Grundrente sind überdies gute Beispiele dafür, dass wirklich Bedürftige besonders bedacht werden.

Die durch Erbschaften, Marktwirtschaft und auch schlichten Zufall wie jetzt in der Corona-Krise entstandenen ökonomischen Gewichte zwischen den verschiedenen Schichten und sonst wie definierten Gruppen in unserer Gesellschaft gilt es zu erkennen und sich daran zu versuchen, sie in Richtung Gleichheit zu verteidigen oder spürbar zu verschieben. Dafür ist eine Politik vonnöten, die neben der Einkommenssteuer mit ihrer mehr oder weniger starken Progressivität immer auch, und sogar hauptsächlich, die Renten aller Art im Blick und im Instrumentenkasten hat.

Bei Alter, Pflegebedürftigkeit, Bedürftigkeit und auch bereits bei Kindersegen sind es für viele, vor allem die älteren Menschen in Deutschland, die Renten, und nicht die Arbeits- und Kapitaleinkommen, die für den Wohlstand oder die Armut eines Individuums und vor allem einer Familie in unserer Gesellschaft ausschlaggebend sind.

Ein Blick auf die gegenwärtigen Zahlen und damit die nur selten thematisierten Größenordnungen zeigt, welches Gewicht die Renten in der Vermögensverteilung hierzulande haben. Auf exorbitante reiche Individuen und Familien wird dabei nicht eingegangen, und auch nicht auf die durch empirische Forschung zu beantwortende Themenfrage, ob die Verteilung in Deutschland wirklich ungleicher geworden ist und weiterhin ungleicher wird.

Schwindelerregende Zahlen bei Vermögensrechnungen

Die folgenden Zahlen sind auf den ersten Blick schwindelerregend, aber mit wachem Verstand und ein bisschen Kopfrechnen lassen sich die einfachen Rechnungen auch ohne Computer leicht nachvollziehen: Jeden Monat zahlt die Deutsche Rentenversicherung ca. 20 Milliarden Euro an fast 20 Millionen Rentner aus, im Durchschnitt also ca. 1000 Euro für jeden Rentner. Und fast genau so viel zahlen die Beitragszahler und ihre Arbeitgeber jeden Monat ein. Das sind im Jahr 12 x 20 = 240 Milliarden Euro. Diese Zahl muss man sich merken.

Um so viel Geld aus einer Kapitalanlage zu erzielen, müsste das Sparkonto dieses Kollektivs bei 3 Prozent Verzinsung pro Jahr, – wie das vor gar nicht so langer Zeit mal der Fall war, – 240 x 100 : 3, also 8 Billionen (8000 Milliarden) Euro, umfassen. Bei einem Kalkulationszinsfuß mit den derzeit noch nicht einmal sicher zu erzielenden 1 Prozent wären es sogar 24 Billionen Euro.

Vergleicht man diese riesigen Vermögenssummen der Rentenversicherung mit denen auf den Immobilien- und Kapitalmärkten, dann sieht man, wie „reich“ die deutschen Rentner mit ihren bescheidenen 1000 Euro pro Monat Rente als Kollektiv im Vergleich mit den Aktionären und Immobilien-Eigentümern sind. Und man kann der Frage nachgehen, ob es wirklich sicherer und attraktiver für zukünftige Rentner wäre, in Wohnungen und sonstige Immobilien sowie in Aktien und andere Werte auf dem Kapitalmarkt zu investieren als sich auf die Pay-as-you-go-Rente, also unsere gesetzliche Umlagerente, zu verlassen. Das propagieren schließlich viele Interessenten und auch Wissenschaftler.

Ein Blick ins Internet zeigt nämlich, dass die „Wohnbauten“ im ganzen Land beim Statistischen Bundesamt nur mit einem Marktwert von circa 5,4 Billionen als Wertangabe zu Buche stehen. Für Rentner und Pensionäre sind die „Wohnbauten“ in Deutschland vom Gesamtvolumen her also keine ernst zu nehmende Alternative, wohl aber immer eine nette Ergänzung der Altersvorsorge.

Ob es so ähnlich mit Aktien aussieht, die freiwillig mit oder ohne Riester- oder Rürup-Förderung oder über eine betriebliche Altersversorgung oder ein Versorgungswerk erworben werden, erschließt sich ebenfalls leicht im Internet unter dem Stichwort „Marktkapitalisierung“, also dem „Gesamtwert aller an ihnen gehandelten Unternehmen“, auf den Wertpapierbörsen der Welt. Dort belehrt man uns, dass in Deutschland im Juli 2018 dieser Wert lediglich 2,2 Billionen Euro betrug; selbst New York brachte es nur auf 24,0 Billionen Euro. Und die ca. 50.000 Unternehmen, die als Aktiengesellschaften an den Börsen der gesamten Welt gehandelt werden, waren nach ihrer Marktkapitalisierung gemäß der von der World Federation of Exchanges gelisteten Börsen im Juli 2018 nicht mehr als 85 Billionen US-Dollar wert, also ca. 78 Billionen Euro.

Addiert man die Renten der DR mit den Pensionen für die deutschen Beamten, dann erhöhen sich die 240 Milliarden pro Jahr bei 1,3 Millionen Pensionären mit einer Durchschnittspension von ca. 3000 Euro pro Monat plus Beihilfe um 3000 x 12 x 1,3 = ca. 48 Milliarden. Die dabei errechneten 288 Milliarden wären bei einem Ertrag von 1% pro Jahr also insgesamt hundertmal so viele Milliarden als Vermögen wert: 28,8 Billionen Euro. Und das sind nur die durch Beiträge und Einkommensverzichte erworbenen Ansprüche, die in Deutschland eigentumsrechtlich gesichert, also vor „Enteignung“ relativ sicher sind.

Bei der derzeit noch ein bisschen umstrittenen „Grundrente“ geht es um die angestrebte Aufstockung der Grundsicherung für ca. 1 Million verdiente und alles andere als vermögende Rentner um nicht viel mehr als 1000 Euro pro Jahr, also etwas mehr als 1 Milliarde Euro. Mal Hundert sind das also bei einer Verzinsung von 1% immerhin noch einmal 100 Milliarden Euro mehr an Pension Wealth-Vermögen für eine zweifellos relativ arme Bevölkerungsgruppe. Das ist trotz des niedrigen Betrages für das einzelne Individuum ein ernst zu nehmender Betrag – selbst, wenn man ihn verdreifachen, also mit 3% oder 3000 Euro pro Jahr berechnen würde. Andererseits würde man bei einer Nullverzinsung von deutschen Staatsschulden oder gar bei Negativzins zu geradezu astronomischen Zahlen kommen.

Zählt man auch noch das Geld für die derzeit ca. 4 Millionen Pflegebedürftigen mit Leistungen in Höhe von ca. 10.000 Euro pro Jahr hinzu, was wiederum ebenfalls durch Beiträge als erworbenes Eigentum zu betrachten ist, dann sind diese 40 Milliarden Euro ebenfalls mit 1% Ertragsrate auf ein Vermögen in Höhe von 4 Billionen Euro hochzurechnen. Was die jetzt zu Pflegenden an Geldleistungen von ihren Versicherungen erhalten, entspricht also ganz erheblichen Vermögenswerten.

Wenn man überdies einige der öffentlich-rechtlichen „Transfers“, also die nicht durch Beiträge, sondern durch Gesetz festgelegten und entsprechend leichter modifizierbaren Ansprüche auf Kindergeld in Höhe von ca. 40 Milliarden Euro pro Jahr hinzunimmt, dann kommen wiederum 4 Billionen hinzu. Und wenn man die Ausgaben der Grundsicherung / Sozialhilfe in Höhe von ca. 46 Milliarden Euro pro Jahr, bei 1% Ertrag also äquivalent zu einem Kapitalmarkt-Vermögen von 4,6 Billionen ebenfalls addiert, dann kommt man, generell mit 1% Ertrag rechnend, auf die schwindelerregende Zahl von 41,5 Billionen (Renten: 24 + Pensionen: 4,8 + Grundrente: 0,1 + Pflege: 4,0 + Kindergeld: 4,0 + Grundsicherung: 4,6). Zum Vergleich sei an die Werte für Wohnbauten und Aktien in Deutschland und der Welt erinnert.

Selbst wenn man mit einem drei Mal so hohen Ertrag aus Vermögen kalkuliert, also mit 3% statt mit 1%, sind diese Zahlen ein eindrucksvoller Ausdruck davon, dass der Sozialstaat bei uns durchaus funktioniert – und wie hoch „Unser Vermögen“ – richtig definiert – im Vergleich zum Rest der Welt ist.

Bei Politikern stößt man immer wieder auf die Forderung, die Sozialpolitik auf die Bekämpfung von Armut zu beschränken, also diese weitestgehend den mittleren und unteren Klassen zustehenden Ansprüche zu reduzieren und Umverteilung von unten nach oben zu betreiben. Da müssten bei allen, die sich gegen die angeblich oder wirklich so ungleiche und ungerechte Verteilung des Vermögens zur Wehr setzen wollen, die Alarmglocken klingeln.

Umgang mit Vermögenden in der Corona-Krise

In der Corona-Krise und beim wirtschaftlichen Neustart spielen die Unternehmer und ihre Finanziers, die entscheidende Rolle. Von ihrem Verhalten hängen die Arbeitsplätze und die Versorgung der Bevölkerung mit Konsumgütern und Dienstleistungen aller Art ab. Die meisten von ihnen sind auch bereit, Opfer in Kauf zu nehmen und sich fürs Gemeinwohl einzusetzen. Noblesse oblige.

Es ist deshalb politisch und publizistisch geboten, sie hierfür zu loben und wie die Pflegekräfte zu beklatschen. Die Ankündigung und Androhung von zusätzlicher Besteuerung würden eher negative Effekte auf die Vermögensverteilung haben. Die wirkungsvollere Devise dürfte sein: An die Ehre, also ans Portepee packen statt ins Portemonnaie greifen.

Da wir rechtlich eine sehr „bürgerliche“ Gesetzgebung haben, ist beim Krisenmanagement durch Politik und Verwaltung und beim Wahlkampf zu vermeiden, dass Anreize gesetzt werden, alle Möglichkeiten der Vermögenden zum Einklagen von „Schadensersatz“ aufgrund von „Enteignung“ und „Aufopferungsansprüchen“ gegen den Staat auszunutzen und viele Anwälte und Gerichte damit zu beschäftigen.

Wenn es um die Beteiligung der wenigen Nutznießer der Corona-Krise geht, dann darf man nicht die „Vermögenden“ von Ende 2019 heranziehen, sondern sich an   die Gewinn-Erzielenden, also die Einkommensteuer-Zahler von 2020 halten. Dort einen Soli-Beitrag anzusetzen oder zumindest nicht abzusetzen, ist also logischer als eine Vermögenssteuer, die sowieso immer nur einen Anteil an den aus dem Vermögen fließenden Einkommen erfassen und ins Steuersäckel leiten würde und die Bestände kaum antasten könnte.

In Frankreich und auch in Chile sieht man, wie tiefgreifend allein die Alterung unsere Gesellschaften nun einmal verändert, vor allem aber, welche Konflikte Rentenreformen auslösen. Und wenn man die für die zukünftigen Rentenbezieher, also die jetzigen Beitragszahler und Wähler, eventuell anstehenden lokalen wie globalen Herausforderungen wie Pandemien, Klimawandel, Massenvernichtungswaffen, Bevölkerungswachstum, Langlebigkeit bei Individualisierung und medizinischem Fortschritt, Verschiebung der Landkarten der Zuständigkeiten und der Migration, etc. betrachtet, dann kommt man sowieso leicht zu dem Schluss, dass solche Probleme wohl wirklich nicht individuell oder privat-geldwirtschaftlich zu bewältigen sind. Sondern  nur kollektiv-solidarisch über Ansprüche an die Allgemeinheit, also den Staat und seine öffentlich-rechtlichen Agenturen.

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