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Sturm ohne Wasser und ohne Glas

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Ein heftiger Streit tobt um die Auto-Kaufprämie. Die Medien diagnostizieren Unstimmigkeiten zwischen SPD und Gewerkschaften. Das ist symptomatisch für das Klein-Klein des Konjunkturpakets. Die Auto-Kaufprämie hat es wegen des Widerstands der SPD nicht in das Konjunkturpaket der Bundesregierung geschafft. Die IG Metall kritisiert die ablehnende Haltung der SPD-Spitze – und die SZ wittert einen ernsthaften Bruch des traditionell engen Verhältnisses zwischen Partei und Gewerkschaften. Nun muss man wissen, das enge Verhältnis zwischen diesen beiden „Lagern“ basiert heute nicht mehr auf einem gemeinsamen Verständnis bezüglich Sozialstaatlichkeit und makroökonomischer Steuerung mittels vernunftbasierter Geld-, Finanz- und Industriepolitik. Der doppelte Bruch, verursacht

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Ein heftiger Streit tobt um die Auto-Kaufprämie. Die Medien diagnostizieren Unstimmigkeiten zwischen SPD und Gewerkschaften. Das ist symptomatisch für das Klein-Klein des Konjunkturpakets.

Die Auto-Kaufprämie hat es wegen des Widerstands der SPD nicht in das Konjunkturpaket der Bundesregierung geschafft. Die IG Metall kritisiert die ablehnende Haltung der SPD-Spitze – und die SZ wittert einen ernsthaften Bruch des traditionell engen Verhältnisses zwischen Partei und Gewerkschaften.

Nun muss man wissen, das enge Verhältnis zwischen diesen beiden „Lagern“ basiert heute nicht mehr auf einem gemeinsamen Verständnis bezüglich Sozialstaatlichkeit und makroökonomischer Steuerung mittels vernunftbasierter Geld-, Finanz- und Industriepolitik. Der doppelte Bruch, verursacht durch Gewerkschaftsviren und die rechte Brigade der Schröder-SPD, war schon längst da. Es herrscht peinliche Ruhe an der Front der theoretisch Ratlosen und praktisch Gefesselten.

Die soziale Schieflage im Konjunkturpaket (Corona-Folgen bekämpfen, Wohlstand sichern, Zukunftsfähigkeit stärken), wird von den Gewerkschaften nicht ernsthaft und substanziell kritisiert, die SPD kann eh nicht anders, die Agenda-Grünen heucheln Kritik und die LINKE nimmt keiner wahr. So ist die Ausgangslage. Makroökonomisches Gesamtkonzept – Fehlanzeige.

Statt branchenspezifischem Klein-Klein das Ganze im Blick

Insofern ist der Streit um die Auto-Kaufprämie nur Symptom für das branchenspezifische Klein-Klein, das Abarbeiten an individuellen Problemlagen, ohne das Ganze im Blick zu behalten. In der aktuellen Krisensituation – unabhängig ob merkantilistisch selbstverschuldet oder vom Staat aus nachvollziehbaren Gründen verordnet – muss sowohl die Angebots- als auch die Nachfrageseite der Volkswirtschaft stabilisiert werden. Konkret: Die Umsatzeinbußen der Unternehmen und die Einkommenseinbußen der Beschäftigten müssen kompensiert werden.

Dabei bedeutet jegliche Kompensation unterhalb der 100 Prozent-Schwelle einen bewusst in Kauf genommenen wirtschaftlichen Abschwung mit negativen sozialen Konsequenzen nicht nur für die „Spitzenverdiener“. Unbegründete Transfers für die Unternehmerseite müssen rückwirkend beglichen werden, entsprechende Konditionen vorgegeben sein.

Nimmt man den auf die Schnelle nicht zu beeinflussenden negativen außenwirtschaftlichen Nachfrageeffekt hinzu, dann ist nicht nur eine deutliche Anhebung der unteren Einkommensgruppen quer durch Dienstleistung und Industrie geboten. Anders formuliert: Da von der außenwirtschaftlichen Flaute besonders die Industrie getroffen wird, ist jetzt auch der richtige Augenblick, qualitativ hochwertige (also alle) öffentliche wie private Dienstleistungen lohnpolitisch dauerhaft spürbar aufzuwerten. Entsprechend sind die durch Umlage finanzierten sozialen Transferleistungen deutlich zu stabilisieren.

Das ist mehr als nur ein Heldenbonus, denn er federt die sich dynamisierenden Rückschläge in der Industrie durch binnenwirtschaftliche Komponenten – die besonders auch Nachfragestabilisierung bedeuten – an den richtigen Stellen angemessen ab.

Diese Aufgabe kann man nicht den Tarifpartnern allein überlassen. Erstens haben sich die Gewerkschaften selbst in eine ausweglose Lage manövriert – Stichwort: Export vor Binnenmarkt, Betriebsrat vor Flächentarif. Zweitens muss die öffentliche Hand – der Gesetzgeber als Arbeitgeber (die Vierfaltigkeit) – aus sich heraus Verantwortung übernehmen.

Die personelle Unterausstattung auf allen Ebenen des öffentlichen Dienstes (Zoll, Finanzaufsicht, Lebensmittelkontrolle, Arbeitsinspektion, Gesundheit, Bildung, Kultur, Breitensport) kommt hier erschwerend hinzu. Auch hier gibt es keine kurzfristigen Lösungen, wenn sie nicht schon im Keim von den Sparteufeln erstickt werden.

Konjunkturpaket völlig falsch justiert

Eine Krise sollte man bekämpfen, wenn sie akut ist, nicht wenn sie vorüber ist. Krise und Strukturwandel ernst genommen, kann dieser jetzt durch entsprechende Einkommensverschiebungen in Richtung Dienstleistungen angemessen programmiert werden. Und das fernab vom ständigen und unsäglichen Digitalisierungsgerede.

Den politischen Akteuren sollte der massive Auftrags- und Produktionseinbruch in der Investitionsgüterindustrie (siehe Konjunkturberichte) sehr zu denken geben. Und die Leitsektorakrobaten des ökonomischen Mainstreams, der Politik, Wirtschaft und Gewerkschaften sollten endlich zur Kenntnis nehmen, dass eine Volkswirtschaft in ihrer Gesamtheit nicht durch die Krümel ernährt werden kann, die von deren Tischkante fallen.

Investitionen in einem Konjunkturpaket sind nachweislich kein geeignetes Instrument zur zeitnahen Stabilisierung wirtschaftlicher Prozesse. In der Hektik der Debatte scheint auch vergessen worden zu sein, dass das binnenwirtschaftliche Investitionsniveau schon seit mehreren Dekaden sinkt – im Dienste des Leitsektors und anderer Exportschlager. Der Niedriglohnsektor macht’s möglich.

Wir haben es aktuell mit einer Kombination aus Altlasten (Einkommensschwäche – Nachfrageschwäche – Investitionsschwäche), Konsequenzen aus der Corona-Situation („freiwilliger“ und unfreiwilliger lock-down) und außenwirtschaftlicher Schwäche zu tun. Gemessen daran ist das Konjunkturpaket völlig falsch justiert, da es nicht auf eine spürbare und dauerhaft angelegte Nachfragestabilisierung im Binnenmarkt angelegt ist, die für die Stützung zukünftiger Investitionen und eine ausgeglichenere Leistungsbilanz im Rahmen einer funktionierenden Währungsunion benötigt wird. Die zeitliche Befristung der Mehrwertsteuersenkung ist hier nur ein Indiz.

Schiffbau, Autoindustrie, Gastgewerbe, Anlagenbau und jetzt auch die Bauwirtschaft – alle Branchen stecken mehr oder weniger im Krisenmodus. In einer solchen Situation nur einzelne, auf Branchen zugeschnittene Hilfsprogramme zu fordern und zu justieren, darauf kann man nur dann kommen, wenn man sich der eigentlichen Herausforderung des wirtschaftlichen Abschwungs in seiner vollen Wirkungsbreite nicht stellt.

Das bekommt auch der gesamte Kulturbereich zu spüren. Leitsektor und Kultur passen offensichtlich nicht zusammen. Es weht der kalte Hauch des betriebswirtschaftlich getrimmten Haushälters durch die Arena, anstelle der Brise gesamtwirtschaftlicher Vernunft.

Verrat an den Corona-Helden

Und dann ist da ja noch der Lager übergreifende Verrat an den Corona-Helden. Denen klingt wahrscheinlich immer noch der abendliche Beifall schmerzhaft in den Ohren. Lohnpolitisch haben sie eher weniger zu erwarten. Ver.di ist mit Kurzarbeiterregelungen im öffentlichen Dienst beschäftigt. Und die Politik beschäftigt sich mit Schuldenrückzahlungsstrategien, bevor die Krise überhaupt ihre volle Wirkung entfaltet hat und vom Zeitablauf nur schwer einschätzbar ist. Die Kapriolen der Prognostiker führen uns dies regelmäßig vor Augen.

Dass es bei all diesen Einzelmaßnahmen zu zänkischen Entgleisungen kommt, muss niemanden verwundern. Der Horizont ist weit weg und der Blick auf die eigenen Füße programmiert.

Dass sich jetzt auch der ehemalige SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel in das Branchengezänk rund um die Autoindustrie einmischt, ist eine Fußnote. Gabriel gehört nicht zu denjenigen, die makroökonomische Erkenntnisse mit dem großen Löffel gegessen haben, beweist aber regelmäßig ein Näschen für publikumswirksame Auftritte.

Daher muss man den vermeintlichen Konflikt zwischen den beiden „Lagern“ nicht allzu ernst nehmen. Die SPD kann nicht und die Gewerkschaften trauen sich nicht, der ganzen Debatte eine brauchbare makroökonomische Analyse zu Grunde zu legen und entsprechende Handlungsstrategien zu entwickeln. So verharrt der „Streit“ im Kleinklein der politischen Zwerge.

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