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Demokratie und internationale Politik: Replik auf Flassbeck und Spiecker

Summary:
Demokratische Selbstbestimmung der Nationalstaaten und funktionierende internationale Beziehungen sind durchaus vereinbar. Heiner Flassbeck und Friederike Spiecker hingegen reden einer supranationalen Technokratie das Wort. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zur EZB schlägt weiter hohe Wellen. Heiner Flassbeck und Friederike Spiecker haben nun meine Kritik an einer zu machtvollen Rolle non-majoritärer Institutionen wie Verfassungsgerichte und Zentralbanken zum Anlass einer grundsätzlichen Betrachtung des Verhältnisses von Demokratie und internationalen Beziehungen genommen. Dabei unterlaufen ihnen eine Reihe von Missverständnissen, deren Aufklärung sich lohnt. Um noch weitere Missverständnisse zu vermeiden halte ich zunächst kurz fest, worüber wir

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Demokratische Selbstbestimmung der Nationalstaaten und funktionierende internationale Beziehungen sind durchaus vereinbar. Heiner Flassbeck und Friederike Spiecker hingegen reden einer supranationalen Technokratie das Wort.

Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zur EZB schlägt weiter hohe Wellen. Heiner Flassbeck und Friederike Spiecker haben nun meine Kritik an einer zu machtvollen Rolle non-majoritärer Institutionen wie Verfassungsgerichte und Zentralbanken zum Anlass einer grundsätzlichen Betrachtung des Verhältnisses von Demokratie und internationalen Beziehungen genommen. Dabei unterlaufen ihnen eine Reihe von Missverständnissen, deren Aufklärung sich lohnt.

Um noch weitere Missverständnisse zu vermeiden halte ich zunächst kurz fest, worüber wir uns einig sind. Wir sind alle nicht glücklich über das Urteil des BVerfG, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen (Flassbeck/Spiecker wegen möglichen Restriktionen der EZB-Tätigkeit, ich wegen einer generellen Skepsis gegenüber Einschränkungen demokratischer Volkssouveränität durch aktivistische Verfassungsgerichte). Über den wirtschaftlichen Unsinn des Merkantilismus müssen wir uns auch nicht streiten, da sind wir uns einig. Niemand von uns wünscht ein unkontrolliertes Auseinanderbrechen der Eurozone (wobei es aus meiner Sicht allerdings durchaus sinnvoll ist, die Option eines kontrollierten Überwechsels einzelner Länder von der Eurozone in den Europäischen Wechselkursmechanismus II zu schaffen – aber das war ja nicht das Thema meines Beitrags).

Auch in Bezug auf die Unmöglichkeit eines engen technokratischen Mandats für moderne Zentralbanken sind wir uns einig. Gleiches gilt dafür, dass man der EZB ihre Unabhängigkeit nicht zum Vorwurf machen kann, die hat sie ja nicht selbst beschlossen. Schließlich sind wir uns auch einig, dass diejenigen, die die europäische Wirtschaft in den letzten Jahren eigentlich hätten beleben sollen, das nicht getan haben. Das wäre die Aufgabe der Staaten gewesen, mittels einer viel expansiveren Fiskalpolitik.

Es bleiben allerdings eine ganze Reihe von grundlegenden Divergenzen, vom Demokratieverständnis über die spezifischen Legitimationsprobleme der EZB und die generelle Möglichkeit einer Vereinbarkeit von Demokratie und internationaler Politik bis hin zum grundlegenden Verhältnis von Demokratie und wirtschaftlicher Effizienz.

Demokratieverständnis: republikanisch versus extrem liberal

Wenn man über „Demokratie und internationale Beziehungen“ schreibt, sollte man zunächst sein Demokratieverständnis explizieren. Hier gibt es ja in der Politikwissenschaft einen bunten Strauß von Optionen, beispielsweise direkte versus repräsentative Demokratie, Input- versus Output-Legitimität und so weiter. Ich habe meinem Beitrag explizit ein republikanisches Demokratieverständnis vorausgestellt, mit einem starken Fokus auf der demokratischen Volkssouveränität, wie es in Deutschland beispielsweise in ähnlicher Form auch von Ingeborg Maus oder Dirk Jörke vertreten wird.

Was für ein Demokratieverständnis unterliegt nun dem Beitrag von Heiner Flassbeck und Friederike Spiecker? Da sie selbst das nicht explizit machen, müssen wir hier etwas Aufklärungsarbeit leisten und das implizite Verständnis aus ihrem Text rekonstruieren.

Von demokratischer Öffentlichkeit, Partizipation durch Wahlen oder Ähnliches ist in ihrem Beitrag nicht die Rede. Parlamente tauchen auf, werden aber eher negativ dargestellt, als Träger unrealistischer Forderungen. Durchgehend positiv dargestellt werden hingegen non-majoritäre Institutionen wie die EZB, die Europäische Kommission und der EuGH. Diese ausgeprägte Skepsis gegenüber demokratischer Partizipation, verknüpft mit Sympathien für non-majoritäre Institutionen, ist typisch für ein liberales Demokratieverständnis, hier in einer relativ extremen Variante.

Liberale vertrauen dem Volkswillen nicht, sie setzen letzterem möglichst viele „checks and balances“ entgegen, beispielsweise durch unabhängige Zentralbanken und starke Verfassungsgerichte. Wirtschaftspolitisch hat sich die Dominanz eines liberalen Demokratieverständnisses in den letzten Jahrzehnten nicht nur in der starken Rolle non-majoritärer Institutionen gezeigt, sondern in der EU insbesondere auch in den Maastricht-Kriterien, dem Europäischen Semester und den in die meisten europäischen Verfassungen (aufgrund des Fiskalpakts) eingeschriebenen Schuldenbremsen.

Ich bin mir nicht sicher, ob Heiner Flassbeck und Friederike Spiecker sich im Klaren sind, in welche Gesellschaft sie sich hier begeben. Gerade wenn sie so problematische Weichenstellungen wie die Maastricht-Kriterien oder Schuldenbremsen mit Verfassungsrang revidieren wollen, sollten sie für ein republikanisches Demokratieverständnis stark machen. Ansonsten wird an diesen Totengräbern jeder vernünftigen Wirtschaftspolitik nichts mehr zu ändern sein, es bleibt nur der wacklige Reparaturbetrieb durch die EZB.

Demokratisches Legitimationsbedürfnis der EZB

Heiner Flassbeck und Friederike Spiecker stören sich ganz besonders an meiner Formulierung, dass die EZB „(gewollt oder ungewollt) in der Praxis die Rolle der ökonomischen Regierung Europas usurpiert hat“. Es geht hier also zunächst um die reale Macht der EZB, dann um deren Legitimität. Erstere wird auch von Heiner Flassbeck und Friederike Spiecker nicht bestritten, sie stellen nicht infrage, dass die EZB inzwischen de facto die Rolle der ökonomischen Regierung Europas übernommen hat.

Weitaus gewagter ist hingegen schon ihre (u.a. im Feuerwehrgleichnis enthaltene) Behauptung, dass die gewählten Politiker diese Rolle – in a nutshell: Draghis „whatever it takes“ – bei der Gründung der EZB antizipiert und legitimiert haben, so dass keine Usurpation vorliegen würde. Mir ist jedenfalls keine zeithistorische Studie bekannt, die diese Behauptung unterstützen würde. Im Gegenteil, ich stimme Heiner Flassbeck und Friederike Spiecker zuvor geäußerter Beobachtung zu, dass im Kontext der EZB-Gründung vielmehr sehr viel restriktivere deutsche Vorstellungen ausschlaggebend für deren Mandat waren.

Vollkommen ignoriert wird von Heiner Flassbeck und Friederike Spiecker zudem das besondere demokratische Legitimationsproblem der EZB. Zugespitzt formuliert: die EZB ist inzwischen die mächtigste internationale Bürokratie der Geschichte. Gleichzeitig ist sie auch die am wenigsten demokratisch kontrollierte. So war ja die Unabhängigkeit der Bundesbank immer schon aus republikanischer Perspektive sehr problematisch. Aber man konnte diese Unabhängigkeit wenigstens durch ein einfaches Gesetz im Bundestag abschaffen. Das war ein vergleichsweise einfacher Ansatzpunkt für demokratische Partizipation und zudem eine hilfreiche Drohkulisse gegenüber „Frankfurt“. Die EZB ist in dieser Hinsicht viel problematischer. Ihre Unabhängigkeit ist nun zusätzlich durch eine quasi-Verfassung (Europäische Verträge) geschützt, die nur durch einen einstimmigen Beschluss aller Mitgliedsstaaten geändert werden kann.

Heiner Flassbeck und Friederike Spiecker stören sich an der mangelnden demokratischen Legitimität der EZB nicht, da letztere derzeit die aus ihrer Sicht richtige Politik betreibt. Das kann sich aber auch wieder ändern. Wäre es daher nicht besser, auf diese Politik demokratisch einwirken zu können?

Jenseits dieser kurzsichtigen Perspektive lohnt sich insbesondere auch eine Beschäftigung mit dem Alltagsgeschäft der EZB und ihrer Rolle als Lobbyistin im europäischen Entscheidungsgefüge. In jüngerer Zeit hat die empirische Forschung – unter anderem von Benjamin Braun und Leon Wansleben – hier nachdrücklich deutlich gemacht, dass die EZB sich inzwischen in diesen Fragen in erster Linie an den Interessen der Finanzmarktakteure orientiert. Es sollte mich wundern, wenn diese EZB-Präferenzen ebenfalls die Bewunderung von Heiner Flassbeck und Friederike Spiecker finden würden.

Erosion nationaler Demokratie durch die EZB

Der bisher diskutierte Punkt eines grundlegenden Missverhältnisses zwischen Machtstellung und fehlender demokratischer Kontrolle richtet sich nicht primär gegen die EZB, da sie ja für ihren Status wenig kann. Aber unschuldig ist die EZB in Bezug auf die Erosion demokratischer Legitimität ebenfalls nicht, im Gegenteil.

Der „Sündenfall“ der EZB fand im Kontext der Eurokrise statt. Die EZB hat, wie u.a. von Pawel Tokarski dokumentiert, massiven Druck auf die Regierungen und Parlamente des Euroraums ausgeübt. Dieser Druck rangierte von generellen Appellen – insbesondere gegenüber Italien und Spanien – bis hin zur konkreten Drohungen – gegenüber den Regierungen Irlands, Griechenlands und Zyperns – die Notfall-Liquiditätsversorgung (Emergency Liquidity Assistance/ELA) der jeweiligen Bankensektoren zu beenden.

Die von der Troika geforderten Konditionen ließen von der demokratischen Souveränität der betroffenen Staaten in Fragen der Sozial- und Wirtschaftspolitik kaum etwas übrig. Und ausschlaggebend für deren Durchsetzung waren weder Kommission, noch Internationaler Währungsfonds, sondern in erster Linie die – im Falle Griechenlands auch umgesetzte – EZB-Drohung mit der Unterbindung der Liquiditätsversorgung.

Diese Zerstörung nationaler Demokratie durch die Europäische Zentralbank ist Heiner Flassbeck und Friederike Spiecker keine Erwähnung wert. Sie passt ja auch nicht in das von ihnen verwendete Bild des segensreichen Wirkens der EZB-„Feuerwehr“.

Keine demokratische Kontrolle der EZB durch europäische Institutionen

Wenn man schon eine massive Erosion der nationalen Demokratie in vielen Mitgliedsstaaten durch die EZB feststellen muss, kann man dann wenigstens darauf hoffen, dass jene Erosion durch eine Erhöhung der demokratischen Legitimität auf europäischer Ebene kompensiert wird? Gibt es hier eine demokratische Kontrolle der EZB?

Heiner Flassbeck und Friederike Spiecker gehen davon aus, dass eine Rechenschaftslegung der EZB gegenüber den europäischen Institutionen ausreicht. Die nationale Ebene hat aus ihrer Sicht hier nichts zu suchen. Auf eine echte demokratische Kontrolle der EZB legen sie allerdings keinen Wert – sie nennen nur vage das „regelmäßige System der Berichterstattung und der Diskussion zwischen der EZB und den europäischen Institutionen“ – und beschäftigen sich ansonsten mit der richterlichen Kontrolle durch den EuGH (jene durch das Bundesverfassungsgericht lehnen sie ja grundsätzlich ab).

Wahrscheinlich sparen sich Heiner Flassbeck und Friederike Spiecker eine nähere Diskussion der demokratischen Anbindung der EZB über das Europäische Parlament aus guten Gründen. Zunächst ist diese Anbindung zahnlos, es geht um eine reine Auskunftspflicht, ohne verbindliche Konsequenzen.

Das Europäische Parlament ist zudem für eine echte demokratische Kontrolle der EZB nicht geeignet. Es fehlt ihm im Vergleich zu den nationalen Parlamenten einfach selbst an der grundlegenden demokratischen Legitimität. Das hängt an sehr vielen Faktoren, die in absehbarer Zeit auch mit den kühnsten Reformen nicht zu ändern sind, zum Beispiel die Ungleichgewichtung von Wählerstimmen (im Vergleich Deutschland-Luxemburg ca. 1:10), die Abwesenheit paneuropäischer Wahlkämpfe, die geringe Wahlbeteiligung, oder der fehlenden Anteilnahme der Öffentlichkeit.

Es gibt aus republikanischer Perspektive demokratischer Legitimität daher nach wie vor keine Alternative zu den nationalen Parlamenten (allen Parlamenten, nicht nur dem Bundestag), wenn es um die wirklich wichtigen Fragen geht. Und die demokratische Kontrolle der de facto-EU-Wirtschaftsregierung gehört zweifellos zu diesen Fragen.

Vereinbarkeit von Demokratie und internationaler Politik

Heiner Flassbeck und Friederike Spiecker beschränken sich in ihrem Beitrag allerdings nicht auf eine Diskussion der Europäischen Union, sondern nehmen meine Ausführungen zudem zum Anlass, ganz grundsätzliche Postulate zur Vereinbarkeit von Demokratie und internationaler Politik aufzustellen. Grob vereinfacht behaupten sie dabei, dass Demokratie und internationale Politik nicht vereinbar seien: „Wer funktionierende internationale Beziehungen zwischen Staaten haben will, muss die demokratische Selbstbestimmung der Nationalstaaten zurückstellen gegenüber internationalem Recht oder internationalen Vereinbarungen“.

Viele meiner politikwissenschaftlichen Kollegen werden über diese Feststellung verblüfft sein. Heiner Flassbeck und Friederike Spiecker unterläuft hier nämlich eine folgenschwere Verwechslung, jene zwischen intergouvernementalen und supranationalen Formen internationaler Politik. Diese Formen internationaler Zusammenarbeit haben aber sehr unterschiedliche Auswirkungen auf die Demokratie.

Intergouvernementale Kooperation, wie zum Beispiel beim alten GATT, aber auch heute bei 99% aller internationalen Regime, ist demokratisch recht unproblematisch: Regierungen handeln (mit Parlamentsmandat) im Konsens Verträge aus, Parlamente stimmen danach den Verträgen zu (oder nicht). Die Länder halten sich (fast immer) an die Verträge, tagtägliche Entscheidungen werden zwischen den Regierungen und den Vertragssekretariaten getroffen. Bei Streitschlichtung erfolgt die Umsetzung freiwillig, es gibt keine Instanz, die solche Entscheidungen erzwingen kann. Natürlich kann an der Aushandlung dieser Verträge auch aus Demokratieperspektive noch Kritik geäußert werden, aber jene betrifft eher Details der praktischen Umsetzung (zum Beispiel in Bezug auf die Transparenz der Verhandlungen oder die einseitige Einbeziehung wirtschaftlicher Interessengruppen).

Ernsthafte Demokratieprobleme in Bezug auf die Rolle der nationalen Parlamente gibt es in der internationalen Kooperation aber nur selten. Sie finden sich hier vor allem bei den wenigen Fällen supranationaler Politik.  Dazu gehörten vor allem die Strukturanpassungsprogramme des Internationalen Währungsfonds. Ähnlich wie bei den Konditionalitäten der Eurorettung wurde hier de facto von einer internationalen Organisation die Wirtschafts- und Sozialpolitik der Empfängerländer detailliert vorgeschrieben, unter Missachtung der entsprechenden Kompetenzen von deren nationalen Parlamenten. Und ähnlich wie bei der Eurorettung ist nackter ökonomischer Zwang hier wieder Voraussetzung für die supranationale Rolle einer non-majoritären Institution. Auf freiwilliger Basis wird diese Rolle nicht akzeptiert.

Man kann allerdings nun nicht behaupten, dass intergouvernementale Formen internationaler Politik notwendig schlechter funktionieren würden als supranationale. Während die Erfolgsquote von Strukturanpassungsprogrammen sehr überschaubar ist, haben intergouvernementale Regime eine Vielzahl von gravierenden Problemen gelöst, vom Sauren Regen bis zum Ozonloch. In diesem Kontext wundert man sich dann doch, wenn Heiner Flassbeck und Friederike Spiecker grundsätzlich bezweifeln „wie internationale Vereinbarungen bei genuin globalen Themen wie dem Klimaschutz zustande kommen sollen, wenn man … das Abtreten von Macht an supranationale Institutionen ablehnt“.

Verhältnis von Demokratie und „richtiger“ Wirtschaftspolitik

Wenn man versucht, sich abschließend einen Reim auf diese lange Reihe von Auslassungen und Missverständnissen in Bezug auf die Vereinbarkeit von Demokratie und europäischer/internationaler Politik zu machen, kommt man zur Vermutung, dass unsere sehr unterschiedlichen Einschätzungen sich wohl am besten durch das jeweilige beruflich bedingte Bias erklären lassen.

Für Politikwissenschaftler wie mich ist die Demokratie das höchste Gut, aus einer republikanischen Perspektive insbesondere die Partizipation an Wahlen und die Selbstbestimmung von Parlamenten. Aus dieser Sicht stehen wir sogar dann zur Demokratie, wenn die Parlamentarier so extrem unselige Entscheidungen treffen wie jene für die Hartz-Reformen.

Durch eine demokratische Kontrolle wird die Wirtschaftspolitik nicht unbedingt besser, vielleicht sogar (noch) schlechter – aber dafür ist sie demokratisch legitimiert. Eine möglicherweise besser informierte, aber nicht demokratisch legitimierte Technokratie – denken wir beispielsweise an das in den letzten Jahrzehnten ökonomisch sehr erfolgreiche China – ist für die meisten Politikwissenschaftler keine willkommene Alternative.

Für Volkswirte wie Heiner Flassbeck und Friederike Spiecker hingegen geht es in erster Linie um die richtige Wirtschaftspolitik. Wie die erreicht wird, ist ihnen im Prinzip egal. Sie wollen zwar nicht unbedingt „auf einen benevolenten Diktator in der Geldpolitik setzen“, aber notfalls muss auch das in Kauf genommen werden und die demokratische Selbstbestimmung der Nationalstaaten zurückstehen, Hauptsache der Brand ist gelöscht.

Es kann nicht schaden, diese grundlegend unterschiedlichen Prioritätensetzungen einmal in aller Klarheit zu notieren. Für die Reform der Europäischen Union muss es aus meiner Sicht in Zukunft aber eher darum gehen, nach nuancierten Optionen für die Kombination von richtiger Wirtschaftspolitik und Schonung demokratischer Volkssouveränität zu suchen.

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