Im Mai ist die Industrieproduktion Europas wieder auf dem Weg nach oben. Doch der Tiefpunkt der Finanz- und Wirtschaftskrise ist noch immer unterschritten. Wie schnell und weitreichend die Erholung sein wird, bleibt offen. Nachdem die Industrieproduktion im Euroraum im April bedingt durch die Corona-Pandemie im März und April um ganze 27,8 % eingebrochen war, setzte im Mai die Erholung ein. Genaue Daten für den Euroraum insgesamt stehen für Mai noch aus. Doch die Kernländer um Italien und Frankreich legten laut Eurostat wieder deutlich mit 25 % und 13,5 % zu. Laut der italienischen Statistikbehörde (ISTAT) soll es sogar einen Anstieg um 42 % gegeben haben. Italien war in den Vormonaten mit Abstand der größte Verlierer der Corona-Krise. Stimmen die Zahlen von ISTAT,
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Im Mai ist die Industrieproduktion Europas wieder auf dem Weg nach oben. Doch der Tiefpunkt der Finanz- und Wirtschaftskrise ist noch immer unterschritten. Wie schnell und weitreichend die Erholung sein wird, bleibt offen.
Nachdem die Industrieproduktion im Euroraum im April bedingt durch die Corona-Pandemie im März und April um ganze 27,8 % eingebrochen war, setzte im Mai die Erholung ein. Genaue Daten für den Euroraum insgesamt stehen für Mai noch aus. Doch die Kernländer um Italien und Frankreich legten laut Eurostat wieder deutlich mit 25 % und 13,5 % zu.
Laut der italienischen Statistikbehörde (ISTAT) soll es sogar einen Anstieg um 42 % gegeben haben. Italien war in den Vormonaten mit Abstand der größte Verlierer der Corona-Krise. Stimmen die Zahlen von ISTAT, dann hat die italienische Industrie, die zwischen Februar und April die Hälfte ihres Produktionsvolumens verloren hatte, als einziges Land fast wieder das Niveau des Vorkrisenmonats Februar erreicht, was in Abbildung 1 jedoch nicht berücksichtigt ist.
Deutschland, das im April mit -17,5 % schlechter wegkam als Frankreich und Italien, erholt sich nur langsam. Im Mai legte die Produktion im produzierenden Gewerbe laut Statistischem Bundesamt lediglich um 7,8 % im Vergleich zum April zu. Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) verweist darauf, dass wegen Produktions- und Krankheitsausfällen wichtige Zulieferteile für die wieder geöffnete Industrie fehlen. Hinzu kommt laut DIHK eine geringere Nachfrage, ››die die Produktion frühestens im nächsten Jahr wieder auf Vor-Corona-Niveau heben könnte.‹‹
Wann und ob das industrielle Produktionsvolumen, das seit 2007 in der Eurozone einen strukturellen Niedergang erfährt, überhaupt das Niveau der Vor-Corona-Zeit geschweige denn das von 2007 erreichen kann, bleibt auch für die Eurozone insgesamt offen. Die Industrieproduktion liegt trotz Erholung immer noch unter dem Niveau von April 2009, dem Tiefpunkt der Finanz- und Wirtschaftskrise von 2007-11.
Anders die Lage in den nordischen Ländern. Laut nationaler Statistikbehörden war der Rückgang der Industrieproduktion in Finnland und Norwegen während des Shutdowns überschaubar. Fast normale Zeiten also, dafür aber auch im Mai mit einem weiteren leichten Rückgang: Finnland -1,4 %, Norwegen -1,1 %.
Schweden hingegen hatte im April im Vergleich zum Vormonat einen Einbruch um -16,6 % zu verkraften. Im Mai setze dennoch keine Erholung ein, es gab im Vergleich zum Vormonat einen Rückgang um 0,5 % (Abbildung 2). Schweden ist als Exportnation ähnlich wie Deutschland in besonderem Maße von der Entwicklung im Ausland abhängig.
Ähnliches gilt für Dänemark. Einem Einbruch von -6,2 % im April folgte nun im Mai ein weiterer Rückgang um -1 %.
In Südeuropa scheint sich auf den ersten Blick das Drama der Wirtschafts- und Finanzkrise zu wiederholen. Südeuropa steht exemplarisch für den Niedergang der Industrieproduktion seit 2007. Wie schon damals droht der heftige Einsturz im Zuge des Corona-Shutdowns nicht durch eine entsprechende Erholung abgefedert zu werden. Den Einbrüchen von März und April folgt eine nur ein sehr schwacher Produktionsanstieg (Abbildung 3).
Das gilt vor allem für Portugal, das mit einem schwachen Zuwachs von +1,8 % mit -25,5 % unter dem Niveau von Februar und -27,8 % unter Vorjahresniveau liegt.
Ähnlich in Spanien, wo sich die Produktion in den letzten 13 Jahren bis April mehr als halbiert hatte. Im Mai gab es im Vergleich zum Vormonat April einen Anstieg um 10,5 %. Dennoch: Auf solch niedrigem Niveau wie im April und Mai befand sich die südeuropäische Wirtschaftsleistung weder zur Finanz- und Wirtschaftskrise noch in der Zeitspanne unserer statistischen Erhebungen seit 2005.
Der allgemeine und stetige Aufschwung, der die mittel- und osteuropäischen Länder bis in den Februar hinein auszeichnete, fand mit der Corona-Krise ein dramatisches Ende. Binnen zwei Monaten verzeichneten Slowenien, Slowakei, Ungarn, Polen und Tschechien im Schnitt einen Rückgang der Industrieproduktion um -38,7 % (Abbildung 4).
Im Mai konnten alle 5 Länder wieder einen Produktionsanstieg verzeichnen: Tschechien (10,7 %), Ungarn sowie Polen (11,4 %), Slowenien (8,7 %) und Slowakei (13 %). Auch hier dürfte es noch einige Monate dauern, bis das Vorkrisenniveau erreicht ist.
Wurde in Bulgarien und Kroatien eine Dekade der Stagnation im April mit einem deutlichen Einbruch endgültig beendet, scheint sich nun die Stagnation auf noch niedrigerem Niveau fortzusetzen: Bulgarien verzeichnete einen Rückgang um -0,1 % im Vergleich zum Vormonat, Kroatien gar um -3,4 % (Abbildung 5). Für Rumänien, wo die Produktion im April um ganze -28 % einbrach, fehlen für Mai die Daten.
Corona hat im März und April das Herz der europäischen Wirtschaft, die Industrieproduktion, in einem Ausmaß getroffen, das sich nur noch mit der Großen Depression vergleichen lässt. Trotz der Erholung in einigen Ländern und des italienischen Comebacks befindet sich die Industrieproduktion im Euroraum insgesamt immer noch auf einem Niveau, wie zuletzt Mitte der 1990er Jahre.
Entscheidend für die wirtschaftliche Entwicklung in den nächsten Monaten werden die fiskalischen Gegenmaßnahmen der europäischen Staaten und der EU sein. Doch die Durchschlagskraft etwa des 750 Milliarden Euro schweren schuldenfinanzierten Recovery Funds weckt Zweifel. Die ››sparsamen Vier‹‹ – Österreich, die Niederlande, Dänemark und Schweden – wollen den Umfang des Fonds möglichst begrenzen und an Bedingungen wie ››Strukturreformen‹‹ knüpfen.