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Die Last mit der Schuldenlast

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Schön, dass auch die ZEIT Märchen über Staatsschulden begegnen will. Schade, dass dabei Narrative verbreitet werden, die ihre vermeintlichen Gefahren nur noch glaubhafter machen. Die Verschuldung des deutschen Staates steigt. Damit einhergehend steigt auch die Anzahl von Artikeln, die sich mit dieser Thematik beschäftigen. Erfreulich ist, dass es dabei auch Beiträge in die Mainstream-Medien schaffen, die auf MAKROSKOP vertretene Forderungen unterstützen. Allerdings weiß ich nicht so Recht, ob ich mich darüber wirklich freuen soll. So ging es mir schon beim Artikel von Dirk Niepelt in der FAS, der immerhin die „monetäre Staatsfinanzierung“ nicht in Bausch und Bogen verurteilte. Dann aber doch die Mär von der intrinsischen inflationären Wirkung dieser Form der

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Schön, dass auch die ZEIT Märchen über Staatsschulden begegnen will. Schade, dass dabei Narrative verbreitet werden, die ihre vermeintlichen Gefahren nur noch glaubhafter machen.

Die Verschuldung des deutschen Staates steigt. Damit einhergehend steigt auch die Anzahl von Artikeln, die sich mit dieser Thematik beschäftigen. Erfreulich ist, dass es dabei auch Beiträge in die Mainstream-Medien schaffen, die auf MAKROSKOP vertretene Forderungen unterstützen.

Allerdings weiß ich nicht so Recht, ob ich mich darüber wirklich freuen soll. So ging es mir schon beim Artikel von Dirk Niepelt in der FAS, der immerhin die „monetäre Staatsfinanzierung“ nicht in Bausch und Bogen verurteilte. Dann aber doch die Mär von der intrinsischen inflationären Wirkung dieser Form der Finanzierung von Staatsausgaben verbreitete.

Gefreut habe ich mich zunächst auch, dass zwei Ökonomen in der ZEIT dem Märchen von der Belastung der zukünftigen Generationen durch die steigende Staatsverschuldung in Folge der Coronakrise widersprachen. Entsetzt hat mich aber ihr folgendes dafür ins Feld geführtes Argument:

„Die Schulden des Staates sind die Vermögen der Haushalte und Unternehmen. Beides wird vererbt, nicht nur die Schulden. Es gibt daher keinen Grund für die Jungen, der Zukunft wegen des Konjunkturpakets gedrückt entgegenzusehen.“

Dieses Argument ist nicht nur falsch, sondern verleiht der Mär Glaubwürdigkeit.

Das Problem der Verteilungswirkungen

Richtig ist: Refinanziert sich ein Staat über die Emission von Staatstiteln, können die entsprechenden Wertpapiere auch von deutschen Haushalten und Unternehmen gehalten werden. Wenn es aber gleichzeitig stimmt, dass – wie die Autoren behaupten – diese Schulden mithilfe von Steuergeld bedient werden müssen, dann ist ihr Argument wenig überzeugend.

Zwar ist korrekt, dass wenn alle deutschen Staatstitel von „Deutschen“ gehalten werden, die „Deutschen“ zwar einerseits die Zinsen darauf bezahlen, aber andererseits eben auch Zinsen erhalten. Falsch aber ist, daraus zu schließen, dass genau diejenigen, die die Zinsen bezahlen. Staatsschulden werden zwar mit Steuern bedient, aber nicht alle alle Steuerpflichtigen halten Staatsanleihen.

Auf Basis ihres Arguments stellt sich also die Frage nach der Verteilungswirkung durch die Emission von Staatsanleihen. Ist es nicht so, dass hier die Allgemeinheit mit ihren Steuerzahlungen den Vermögenden die Zinserträge bezahlt?

Es sei zwar richtig, dass ein „großer Teil der Staatsschulden von Vermögenden gehalten wird“, aber die trügen ja „auch einen großen Teil des Steueraufkommens“. Ergo, sei die „Verteilungswirkung […] begrenzt“.

Um diese Behauptung zu belegen, müssten sie natürlich darlegen, wer und warum deutsche Staatsanleihen hält. Sobald sie dieser Frage ernsthaft nachgehen würden, würden sie rasch feststellen, dass in jedem Fall „deutsche Banken“ von der Emission von Staatstiteln profitieren. Denn ohne sie könnten diese Titel nicht bei deutschen Haushalten und Unternehmen landen. Wobei „deutsche Banken“ alle Banken sind, denen das Privileg bei der Auktion von Staatstiteln bieten zu dürfen eingeräumt wurde. Das sind aber nicht nur deutsche Banken, sondern auch ausländische Banken wie z.B. Goldman Sachs und die Citibank.

Diese Banken erwerben also immer zunächst die vom deutschen Staat emittierten Titel. Das geht nicht anders, weil wer deutsche Staatstitel erwerben will, Zentralbankgeld benötigt, das ihnen nur von der Zentralbank zur Verfügung gestellt werden kann. Die Banken könnten sich daher auch entscheiden, die erworbenen Papiere auf ihren Büchern bis zum Laufzeitende zu halten. Ob sie die Papiere nun weiter verkaufen oder auf ihren Bilanzen halten, ist aus Sicht der deutschen Regierung irrelevant. Vor allem aber kann kein Zweifel daran bestehen, dass diese „deutsche Banken“ durch die Emission von Staatstiteln finanziell profitieren. Denn sie verkaufen sie nur weiter, wenn das sich aus ihrer Sicht besser rechnet als sie auf ihren Büchern zu halten.

Sicher, diese Banken zahlen möglicherweise auf die damit verbundenen Erträge auch Steuern an den deutschen Fiskus. Aber solange der Steuersatz nicht 100% beträgt, werden Banken und ihre Aktionäre aufgrund der Emission von Staatsanleihen reicher. Es kann also kaum bestritten werden, dass die Emission zusätzlicher Staatstitel Verteilungswirkungen hat, die es zu berücksichtigen gilt.

Das Problem der Auslandsschulden

Den Autoren ist immerhin nicht entgangen, dass auch „Ausländer“ deutsche Staatsanleihen halten können. Zumindest soweit das der Fall ist – und das trifft gegenwärtig auf einen Großteil aller deutscher Staatsanleihen in den Händen privater Halter zu – scheint daher ihr Argument schlicht nicht haltbar.

Dieser Einwand sei aus folgendem Grund falsch:

„Die nun steigende Staatsverschuldung ändert an der deutschen Nettogläubigerposition zunächst gar nichts, auch wenn überwiegend ausländische Investoren die Staatsschuldtitel erwerben sollten.“

Hinter diesem Argument steckt das von uns schon unzählige Male kritisierte Argument, dass den deutschen Exportüberschüsse ein deutschen „Auslandsvermögen“ korrespondiert. Der Punkt ist, dass es sich beim dabei lediglich um einen positiven Zahlungsbilanzsaldo handelt: Es ist mehr Geld von ausländischen zu deutschen Wirtschaftssubjekten als umgekehrt geflossen. Dieses „mehr Geld“ gehört daher nicht etwa einem Großsubjekt „Deutschland“. Es ist das Geld von Firmen, die ins Ausland deutsche Waren verkauft haben.

Das Auslandsvermögens-Argument ist aber nicht nur falsch, sondern vor allem auch politisch schädlich. Es suggeriert, für „uns Deutsche“ seien Exportüberschüsse positiv zu werten. Wer das glaubt und dann realisiert, dass diese Überschüsse in Zukunft sinken werden, den wird die Zusicherung, dass den Belastungen durch deutsche Auslandsschulden Erträge aus deutschen Auslandsvermögen gegenüberstehen, wohl eher nicht beruhigen.

Es gibt kein Richtiges im Falschen

 Schon an dieser Stelle angekommen, kann man also bezweifeln, dass die beiden Autoren mit ihren „Argumenten“ die deutsche Schuldenphobie wirksam therapieren können. Diese Vermutung wird zur Gewissheit, wenn man dann das Folgende liest:

„Dennoch kann der erhebliche Anstieg der Staatsverschuldung, wie wir ihn gegenwärtig erleben, zu einem Problem werden. Steigende Zinsen, Inflation, ein Zurückdrängen privater Investitionen und privaten Konsums, steigende Leistungsbilanzdefizite würden dies anzeigen. Dann wäre es notwendig, gegenzusteuern.“

Hier sind nun alle „Argumente“ versammelt, auf der die „Mär von der Belastung zukünftiger Generationen“ durch die Schulden der Alten basiert. Es ist die Überzeugung, dass Staatsausgaben letztlich durch Steuergelder refinanziert werden müssen. Diese Annahme aber ist falsch. Sie werden immer mithilfe von Zentralbankgeld refinanziert, das ausschließlich von der Zentralbank kommen kann.

Deshalb ist auch die Geschichte falsch, dass Kredite an den Staat auf der Bereitschaft von Haushalten und Unternehmen beruht, zu sparen. Genauer so falsch ist die Behauptung, es gäbe einen begrenzten Pool von Ersparnissen und daher könnte eine übermäßige Verschuldung des Staates zu einem „Zurückdrängen privater Investitionen“ führen.

Es ist erstaunlich, dass sich solche Märchen noch immer halten können. Ein Blick auf die Bilanzen von Zentralbanken lehrt doch, dass eine Zentralbank ganz ohne Steuergelder ihre Regierung in ihrer eigenen Währung immer problemlos refinanzieren kann. Zentralbanken schreiben dazu einfach ihrer Regierung einen entsprechenden Betrag auf ihrem Zentralbankkonto gut. Und sie tun es, indem sie auf einem Keyboard einen entsprechenden Betrag eintippen.

Es braucht also keiner Geschäftsbanken und keinem Kapitalmarkt, damit sich eine Regierung in ihrer eigenen Währun refinanzieren kann. Da Zahlen aber sicherlich in unbegrenzter Menge zur Verfügung stehen, basiert die ganze Mär auf so offensichtlich falschen Annahmen, dass man sich fragen muss, warum sich solche Mythen trotzdem so hartnäckig halten.

Der britische Ökonom Abba Lerner hat auf diese Frage schon vor über 70 Jahren eine plausible Antwort gegeben:

„The scholars who understand it hesitate to speak out boldly for fear that the people will not understand. The people, who understand it quite easily, also fear to speak out while they wait for the scholars to speak out first.“  (S. 16)

Hinzufügen könnte man, dass man mithilfe der Geschichten über die gestrengen Kapitalmärkte das „Volk, den großen Lümmel“ mit dem sogenannten Finanzierungsvorbehalt in die Schranken weisen kann.

Der Mythos von der Gefährlichkeit von Staatschulden, legt aber nicht nur die Demokratie an die Leine. Er zeitigt, worauf Lerner ebenfalls eindringlich hinwies, katastrophale Folgen:

„People are „periodically made to go naked and hungry and insecure and discontented – a ready prey for to less timid organizers of the destruction of civilization“.

Die Geschichte hat seine These vollumfänglich bestätigt. Und ob Ökonomen und andere, die es besser wissen könnten, nun aus Unwissen oder Angst vor der Ächtung durch die Hohepriester der ökonomischen Orthodoxie sich weigern, extrem einfache Wahrheit über moderne Geldsysteme auszusprechen, ist egal: Unvermeidlich wird die Politik auf dieser Basis zuverlässig weitere ökonomische und soziale Desaster verursachen.

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